30.10.2008, 01:43
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 30.10.2008, 02:15 von Koboldkind.)
Weiß nicht, ob das auch in eine politische Diskussion ausartet, aber seis drum. Verschiebts dann halt.
Ich war gerade im Kino. Wie der Titel andeutet `Der Baader-Meinhof-Komplex´ Und irgendwie fühle ich mich gerade wie ein Chara aus irgendeiner Geschichte, um dessen Kopf die Farben der Erkenntnis schwirren und er eine Dimension weiter ist.
Worum es geht?
Wir alle kennen den Titel `Sommer 68´. 1968, leider heißt das für Otto-Normal-Bürger der Sommer der Liebe. Tjaha, nix war. Studentenproteste, der Staat stellt sich als Polizeistaat heraus, Benno Ohnesorg wird erschossen... eine Lawine rollt. ÜBERrollt Deutschland. Die RAF macht ihre Komandos, über zehn Jahre, selbst als die Köpfe in Isolationshaft sitzen, über zehn Jahre machen Terroristen in der BRD ihre Komandos.
Ich bin kein Zeitzeuge und mein Geschichtsunterricht hat mit den 2. WK aufgehört (WARUM?! VERDAMMT SOLL DIESE LEHRERIN SEIN!)
Aber meine Eltern sind Zeitzeugen. Die meisten von unseren Eltern können erzählen, was damals passiert ist und was für psychische Wirkungen die Attentate auf die Bevölkerung haben. Oder ein paar hier haben es sogar selbst miterlebt.
Daher kann ich jetzt nur vom Film erzählen.
Er beginnt mit Janis Joplin - Mercedes Benz. Wie Ulrike Meinhoff einen Brief an die Kaiserin Farah vorliest. Schnitt auf eine Demonstration in Gegenwart des Kaiserpaares, Studenten(und auch andere Leute, aber irgendwie denke ich immer `Studenten´) stehen da und schreien ihre Beschimpfungen, Polizisten stehen in Reih und Glied, aber es ist friedlich. Eine Gruppe iranischer Studenten (Das stannd zumindest auf dem Schild) stellen sich davor und versuchen die Demonstranten mit Huldrufen zu übertönen. Das Kaiserpaar ist dann im Opernhaus... und während beide Seiten noch Rufen treten die Iraner die Schilder von ihren Stangen ab und schlagen auf die Demonstranten ein. Und die Polizei macht nichts.
Selbst als zwei eine verletze Frau rausholen und um einen Arzt bitten helfen sie nicht, nein. Ein Polizist schlägt auf einen hilfesuchenden Demonstranten ein. Die Polizei schlägt zu - auf die eigene Bevölkerung. Das... das... ich sitze da im Kino und... kann nichts weiter tun als sprachlos zu sein, vor Empörung und Entsetzen, sprachlos, obwohl ich sowieso nichts sage...
Das war der Moment, als Benno Ohnesorg erschossen wurde.
Wo ich das hier gerade schreibe, kommt mir das ganze Adrenalin wieder hoch, das Zittern... okay, im Film rafft und intensiviert es diese Momente so unglaublich, aber jetzt, wo ich diese Geschichte verdauen muss... wird mir schlecht, und ich will den Koch dafür umbringen. Und damit meine ich nicht den Regisseur, ich meine die Geschichte.
Und das war nur die eine intensivste Szene. Kurz darauf kam ein Zeitraffer, in der mir erstmals klar wurde, Was Wo überall auf der Welt passierte in diesem Jahr 1968. Das war mir alles garnicht bewusst, dass das alles zusammen hängt.
Alles fängt wohl wieder in Amerika an. Martin Luther King - ermordet. John F. Kennedy - ermordet. Richard Nixon wird Präsident - und macht seinen Job auch nicht besser. Amerika geht in den Vietnam. Das ist weltweit der Hauptgrund der Studentenaufmärsche. Der Kommunismus war GUT, denn er ging gegen den Kapitalismus, der so viele Unschuldige im Krieg tötete. Stalin hatte damit nichts zu tun. Che Guevara war es, der in diesen Jahren getötet wurde, die Sache mit Fidel Castro war da schon nicht mehr atuell und auch nicht mehr halb so gut wie Che. Dann weiter... Die Black Panther Bewegung steht bei Olympia 68 auf dem Siegertreppchen - und wird disqualifiziert. Vier Jahre später München. Seit es den Staat Israel gibt kämpfen die Palästinenser. Und stürmen diesmal die israelische Truppe im olympischen Dorf. In Frankreich gibt es Aufstände, so wie es die Franzosen schon immer gut konnten - und das meine ich so. Die Franzosen sind halt ein kämpferisches Völkchen, siehe Verxingetorix, den Sturm auf die Bastille, Mai 68 und brennende Autos in den Pariser Vorstädten. Eigentlich kann man sich von denen etwas abschneiden...
Das war dieser Zeitraffer. Und im Nachhinein sieht man dann, wie eng alles gestrickt ist. Die RAF wurde bei einer palästinensichen Truppe etwas ausgebildet und später, die Entführung durch Terroristen, das waren die RAF-Freunde aus dem Nahen Osten.
Was mich auch beeindruckt hat, und was ich mir beim nächsten mal aufschreiben muss, sind einige Sätze des BKA-Präsidenten Herold, oder zumindest des Herrn Ganz.
"Terrorismus ist der Neue Krieg. Da es keinen großen Krieg mehr gibt, gibt es nun den Terrorismus."
"Dieser Kampf kann nicht durch die Polizei gelöst werden, das muss die Politik tun."
"Man sollte zumindest die Beweggründe einer Gruppe verstehen lernen. Was nicht heißt, das man sie tollerieren muss, aber dann weiß man zumindest, gegen wen man kämpft."
Dieser Satz ist so universell und so wahr.
"Wir dürfen nicht starr sein. Es ist vor allen unsere Ignoranz, die solche Gruppen fördert."
Ein weiser Mensch.
Und Baader: "Diese Komandos sind nicht mehr unsere Sache. Das ist die zweite und dritte Generation, die kennen uns nicht mal. Und wir können sie nicht mehr beeinflussen, nicht von dem Gefängnis aus."
Diese Sätze klingen jetzt vielleicht etwas lose, aber wenn man sie mit dem Film nochmal sieht, dann hat das so einen Effekt von Erkenntnis.
Es wird unheimlich viel geschossen und es fließt viel Blut. Aber es macht keinen Spaß. Einer dieser Menschen hätte auch meine Oma, mein Onkel, meine Mutter in Spe sein können und ich wäre nicht hier, weil sie bei einer Demonstration zusammengeschlagen wurde oder einem RAF-Attentat zum Opfer fiel. Das waren alles echte Menschen, deren Freunde und Verwandte - Kinder! - heute noch leben. Keine vierzig Jahre nach diesem Jahr 1968.
Ich bin irgendwie den Terroristen Dankbar. Nicht wegen der Opfer, das ist nie dankenswert. Auch nicht unbedingt, wenn es "nur" Politiker sind. Aber... sie haben Deutschland in eine Identitätskrise geworfen. Und daher hoffe ich, dass das heutige Deutschland etwas daraus gelernt hat. Und das der Geschichtsunterricht in der 10.Klasse Realschule ein kleines großes Stücken weiter lehrt als nur bis zum 2. Weltkrieg.
Danke beim zuhören. Und ich werde mich jetzt ins Bett legen und nicht einschlafen können, weil meine Augen immer noch aufgerissen sind und mein Hirn auf Hochtouren arbeitet.
Ich war gerade im Kino. Wie der Titel andeutet `Der Baader-Meinhof-Komplex´ Und irgendwie fühle ich mich gerade wie ein Chara aus irgendeiner Geschichte, um dessen Kopf die Farben der Erkenntnis schwirren und er eine Dimension weiter ist.
Worum es geht?
Wir alle kennen den Titel `Sommer 68´. 1968, leider heißt das für Otto-Normal-Bürger der Sommer der Liebe. Tjaha, nix war. Studentenproteste, der Staat stellt sich als Polizeistaat heraus, Benno Ohnesorg wird erschossen... eine Lawine rollt. ÜBERrollt Deutschland. Die RAF macht ihre Komandos, über zehn Jahre, selbst als die Köpfe in Isolationshaft sitzen, über zehn Jahre machen Terroristen in der BRD ihre Komandos.
Ich bin kein Zeitzeuge und mein Geschichtsunterricht hat mit den 2. WK aufgehört (WARUM?! VERDAMMT SOLL DIESE LEHRERIN SEIN!)
Aber meine Eltern sind Zeitzeugen. Die meisten von unseren Eltern können erzählen, was damals passiert ist und was für psychische Wirkungen die Attentate auf die Bevölkerung haben. Oder ein paar hier haben es sogar selbst miterlebt.
Daher kann ich jetzt nur vom Film erzählen.
Er beginnt mit Janis Joplin - Mercedes Benz. Wie Ulrike Meinhoff einen Brief an die Kaiserin Farah vorliest. Schnitt auf eine Demonstration in Gegenwart des Kaiserpaares, Studenten(und auch andere Leute, aber irgendwie denke ich immer `Studenten´) stehen da und schreien ihre Beschimpfungen, Polizisten stehen in Reih und Glied, aber es ist friedlich. Eine Gruppe iranischer Studenten (Das stannd zumindest auf dem Schild) stellen sich davor und versuchen die Demonstranten mit Huldrufen zu übertönen. Das Kaiserpaar ist dann im Opernhaus... und während beide Seiten noch Rufen treten die Iraner die Schilder von ihren Stangen ab und schlagen auf die Demonstranten ein. Und die Polizei macht nichts.
Selbst als zwei eine verletze Frau rausholen und um einen Arzt bitten helfen sie nicht, nein. Ein Polizist schlägt auf einen hilfesuchenden Demonstranten ein. Die Polizei schlägt zu - auf die eigene Bevölkerung. Das... das... ich sitze da im Kino und... kann nichts weiter tun als sprachlos zu sein, vor Empörung und Entsetzen, sprachlos, obwohl ich sowieso nichts sage...
Das war der Moment, als Benno Ohnesorg erschossen wurde.
Wo ich das hier gerade schreibe, kommt mir das ganze Adrenalin wieder hoch, das Zittern... okay, im Film rafft und intensiviert es diese Momente so unglaublich, aber jetzt, wo ich diese Geschichte verdauen muss... wird mir schlecht, und ich will den Koch dafür umbringen. Und damit meine ich nicht den Regisseur, ich meine die Geschichte.
Und das war nur die eine intensivste Szene. Kurz darauf kam ein Zeitraffer, in der mir erstmals klar wurde, Was Wo überall auf der Welt passierte in diesem Jahr 1968. Das war mir alles garnicht bewusst, dass das alles zusammen hängt.
Alles fängt wohl wieder in Amerika an. Martin Luther King - ermordet. John F. Kennedy - ermordet. Richard Nixon wird Präsident - und macht seinen Job auch nicht besser. Amerika geht in den Vietnam. Das ist weltweit der Hauptgrund der Studentenaufmärsche. Der Kommunismus war GUT, denn er ging gegen den Kapitalismus, der so viele Unschuldige im Krieg tötete. Stalin hatte damit nichts zu tun. Che Guevara war es, der in diesen Jahren getötet wurde, die Sache mit Fidel Castro war da schon nicht mehr atuell und auch nicht mehr halb so gut wie Che. Dann weiter... Die Black Panther Bewegung steht bei Olympia 68 auf dem Siegertreppchen - und wird disqualifiziert. Vier Jahre später München. Seit es den Staat Israel gibt kämpfen die Palästinenser. Und stürmen diesmal die israelische Truppe im olympischen Dorf. In Frankreich gibt es Aufstände, so wie es die Franzosen schon immer gut konnten - und das meine ich so. Die Franzosen sind halt ein kämpferisches Völkchen, siehe Verxingetorix, den Sturm auf die Bastille, Mai 68 und brennende Autos in den Pariser Vorstädten. Eigentlich kann man sich von denen etwas abschneiden...
Das war dieser Zeitraffer. Und im Nachhinein sieht man dann, wie eng alles gestrickt ist. Die RAF wurde bei einer palästinensichen Truppe etwas ausgebildet und später, die Entführung durch Terroristen, das waren die RAF-Freunde aus dem Nahen Osten.
Was mich auch beeindruckt hat, und was ich mir beim nächsten mal aufschreiben muss, sind einige Sätze des BKA-Präsidenten Herold, oder zumindest des Herrn Ganz.
"Terrorismus ist der Neue Krieg. Da es keinen großen Krieg mehr gibt, gibt es nun den Terrorismus."
"Dieser Kampf kann nicht durch die Polizei gelöst werden, das muss die Politik tun."
"Man sollte zumindest die Beweggründe einer Gruppe verstehen lernen. Was nicht heißt, das man sie tollerieren muss, aber dann weiß man zumindest, gegen wen man kämpft."
Dieser Satz ist so universell und so wahr.
"Wir dürfen nicht starr sein. Es ist vor allen unsere Ignoranz, die solche Gruppen fördert."
Ein weiser Mensch.
Und Baader: "Diese Komandos sind nicht mehr unsere Sache. Das ist die zweite und dritte Generation, die kennen uns nicht mal. Und wir können sie nicht mehr beeinflussen, nicht von dem Gefängnis aus."
Diese Sätze klingen jetzt vielleicht etwas lose, aber wenn man sie mit dem Film nochmal sieht, dann hat das so einen Effekt von Erkenntnis.
Es wird unheimlich viel geschossen und es fließt viel Blut. Aber es macht keinen Spaß. Einer dieser Menschen hätte auch meine Oma, mein Onkel, meine Mutter in Spe sein können und ich wäre nicht hier, weil sie bei einer Demonstration zusammengeschlagen wurde oder einem RAF-Attentat zum Opfer fiel. Das waren alles echte Menschen, deren Freunde und Verwandte - Kinder! - heute noch leben. Keine vierzig Jahre nach diesem Jahr 1968.
Ich bin irgendwie den Terroristen Dankbar. Nicht wegen der Opfer, das ist nie dankenswert. Auch nicht unbedingt, wenn es "nur" Politiker sind. Aber... sie haben Deutschland in eine Identitätskrise geworfen. Und daher hoffe ich, dass das heutige Deutschland etwas daraus gelernt hat. Und das der Geschichtsunterricht in der 10.Klasse Realschule ein kleines großes Stücken weiter lehrt als nur bis zum 2. Weltkrieg.
Danke beim zuhören. Und ich werde mich jetzt ins Bett legen und nicht einschlafen können, weil meine Augen immer noch aufgerissen sind und mein Hirn auf Hochtouren arbeitet.
Wenn wir bedenken, dass wir alle verrückt sind, ist das Leben erklärt
Die Kekse waren alle Und Da BIN ICH EINFACH AUSGERASTET!!!